Einblick in bewegende Schicksale

Die Pflege eines nahen Angehörigen ist mehr als eine Herausforderung – es ist eine Entscheidung, die Herz und Verstand fordert. Für Fachpersonen in der Beratung von betreuenden Angehörigen stellt sich oft die Frage, wann es sinnvoll ist, die Pflege durch Angehörige zu fördern und wann professionelle Entlastung unabdingbar wird.

Jeder Fall birgt sein eigenes Schicksal, doch durch das richtige Mass an Unterstützung lassen sich die Lasten abmildern und Lebensqualität bewahren.

Herausforderungen und Unterstützungsbedarf pflegender Angehöriger in vielfältigen Lebenssituationen

Pflegende Angehörige sind in vielfältigen Lebenssituationen tätig, was unterschiedliche Herausforderungen mit sich bringt. Erwachsene Kinder, die plötzlich Verantwortung für ihre erkrankten Eltern übernehmen, müssen oft die Balance zwischen Nähe und professioneller Distanz finden, da sich vertraute Beziehungsdynamiken verändern. Auch ältere Ehepartner, die ihre Lebenspartner pflegen, erleben eine neue Rollenverteilung. Solche Situationen erfordern gezielte Unterstützung, um Entlastung zu schaffen.

Besonders häufig betreuen pflegende Angehörige Menschen mit fortgeschrittener Demenz, Folgen von Schlaganfällen, Kindern mit Autismus oder Oppositionsverhalten sowie Erkrankungen wie Parkinson und Multiple Sklerose. Dabei ist die Organisation der Pflege oft komplexer als die Pflege selbst, obwohl die medizinische Versorgung meist gut gewährleistet ist. Es besteht ein hoher Bedarf an Unterstützung bei Alltagsaktivitäten, um den Angehörigen den Pflegealltag zu erleichtern.

Die unermüdliche Pflege: Chutikan Pertot und ihr Mann
 
Ein Beispiel ist Chutikan Pertot, die ihren an Multiple Sklerose erkrankten Mann Ivan seit Jahren pflegt. Trotz der körperlichen und emotionalen Belastungen ist es ihr Wunsch, selbst für ihn da zu sein. Sie schätzt die Unterstützung durch Carela und die Anerkennung, die ihre Arbeit erfährt, und äussert, dass sie mit der Entlohnung zufrieden ist.

Wenn Grenzen erreicht werden: Ljiljana und die Herausforderung Demenz
 
Auch Ljiljana wird von der Spitexorganisation Carela begleitet. Sie pflegt seit sechs Jahren ihren Ehemann, der an Demenz erkrankt ist. Von einfachen Aufgaben wie Zähneputzen bis zur Begleitung bei Spaziergängen – Ljiljana sorgt täglich für ihren Mann und wird dabei regelmässig von ihrer Pflegefachperson unterstützt.
 

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Azra Karabegovic, Co-CEO Carela & Pflegeexpertin APN

«Die Begleitung durch eine Pflegefachperson von Carela gibt Ljiljana und Chutikan fachliche Sicherheit in ihrer Arbeit und die Entlöhnung zusätzliche Wertschätzung für ihr grosses Engagement. Durch die regelmässigen Besuche und den intensiven Austausch bringen wir Stabilität ins Zuhause und können bei Bedarf für Entlastung sorgen.»


Wenn Pflege alles bestimmt: Eine Familie zwischen Hingabe, Verzicht und neuer Hoffnung

Der seit Geburt körperlich und geistig sehr stark beeinträchtigte Sohn der Familie Mohamed wurde während 24 Jahren von seiner Mutter gepflegt. Als sie wegen ihrer immer schlimmer werdenden Gelenkbeschwerden die Pflege nicht mehr bewältigen konnte, kündigte der Vater, ein bestens qualifizierter Ingenieur, seine Arbeit, denn einerseits kam eine Heimplatzierung für die Familie nicht in Frage, andererseits waren Spitex Dienste mit Umfang und Komplexität der Pflege überfordert.

Die Familie rutschte in die Sozialhilfe. Die Anstellung des Vaters bei AsFam verhalf der Familie zu mehr finanzieller Unabhängigkeit und gibt ihr die Bestätigung, dass ihr immenser Aufwand einen gesellschaftlichen Wert und Nutzen hat.

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Martin Beck, COO AsFam, Chief Healthcare

«Dank AsFam ist Abdul Sathar eingebunden in das Versorgungssystem und fühlt sich getragen und unterstützt. Die Ausbildung, welche ihm AsFam ermöglichte, gibt ihm eine neue Sicht auf seine Rolle als pflegender Angehöriger»


Pflege mit Herz und professioneller Unterstützung: Frau Kellers Weg zur Bewältigung des Pflegealltags
 
Ein Beispiel für die gelungene Pflege durch Angehörige ist Frau Keller, die ihren an Demenz erkrankten Ehemann zu Hause pflegt und betreut. Anfangs überwältigt von den neuen Herausforderungen, lernte sie durch die fachlich professionelle Begleitung von K Care, den Pflegealltag zu meistern. Mindestens zweimal im Monat besucht sie eine qualifizierte Pflegeexpertin des Teams, die sie bei der Pflege begleitet und sie fachlich berät.
 

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Dr. Kaspar Küng, Gründer und Inhaber K Care, PhD Health Sciences, Master of Science in Nursing, Pflegender Angehöriger.

«Wir bei K Care sind für Frau Keller ein Anker im Alltag – sie fühlt sich bei uns verstanden und in professionellen Händen»


Angehörigenpflege ist ein Marathon – Pausen sind unverzichtbar


Das Pflegen von Angehörigen ist kein Sprint, sondern ein Marathon – manchmal sogar ein Ultramarathon. Es verlangt Ausdauer, Organisationstalent und oft den Verzicht auf persönliche Freiräume. Viele meistern diesen Alltag zusätzlich zu einem Job, wie Myriam bei Arana Care, die seit Jahrzehnten ihren Sohn pflegt und gleichzeitig in einem Supermarkt arbeitet. Während ihrer Arbeitsschichten organisiert sie Betreuungspersonen, die Unfälle verhindern, aber keine umfassende Pflege leisten können.

Besonders belastend ist für sie die Vorstellung, dass ihr Sohn oft stundenlang mit nassen Einlagen auskommen muss. Schon zu Beginn der Zusammenarbeit schafft Arana Care  Entlastung: Während Myriam arbeitet, pflegt die Spitex ihren Sohn. Sie ist erleichtert, weil er nun gut versorgt ist und sie eine finanzielle Entschädigung für ihre Pflegearbeit erhält. Diese Unterstützung schenkt ihr nicht nur Sicherheit, sondern auch die Möglichkeit, etwas zur Ruhe zu kommen.

 

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Patrick Hanselmann, CEO Arana Care, MSc et MBA

«Seit 2019 leistet Arana Care Pionierarbeit in der Unterstützung pflegender Angehöriger und haben uns als schweizweites Kompetenzzentrum etabliert. Mit unserer Erfahrung und unserer einzigartigen Pflegeunterstützung schaffen wir Lösungen, die pflegenden Angehörigen wie Myriam direkt zugutekommen.»

 

Wie Frau Weber Familie, Job und Pflege meistert

Frau Weber pflegt zu Hause gleichzeitig ihre beeinträchtigte Mutter und ihre Schwester, was teure Heimplatzierungen ersetzt und den familiären Zusammenhalt stärkt. Für sie ist die Pflege eine Herzensaufgabe, doch finanzielle Sicherheit ist unabdingbar, um ihren eigenen Lebensunterhalt zu sichern. Die Vergütung als pflegende Angehörige ermöglicht ihr, neben ihrem Teilzeitjob weiterhin Verantwortung für ihre Familie zu übernehmen. Mit fachlicher Unterstützung durch nevida care bewältigt sie den Pflegealltag professioneller und entlastet sich selbst.

Adrian Bieri

Adrian Bieri, Mitinhaber nevida care, Leitungsteam

 «Als Familienunternehmen ist es uns bei nevida care ein besonderes Anliegen, pflegende Angehörige wie Frau Weber als Gesamtanbieter aus einer Hand umfassend zu entlasten und zu unterstützen. Wir stehen für eine ganzheitliche Versorgung, die Angehörige grösstmöglich entlastet.»


Beim Pflegewegweiser  sind klare rechtliche und finanzielle Grundlagen entscheidend: Der Bundesgerichtsentscheid und die enge Kooperation mit dem ASPS-Verband sichern die Abrechenbarkeit der Leistungen über den Administrativvertrag mit den Krankenkassen und stärken damit die Nachhaltigkeit des Modells. Zudem reagiert dieser Ansatz auf gesellschaftliche Veränderungen und erzeugt zeitgemässe Lösungen für pflegende Angehörige. Durch wissenschaftliche Partnerschaften und digitale Innovationen wie Qualitätsmessung wird das Modell kontinuierlich weiterentwickelt.

Andreas Hellmann

Dr. Andreas Hellmann, Chief Medical Officer, Pflegwegweiser

«Pflegende Angehörige sind oft überlastet, doch flexible und bezahlbare Entlastungsdienste fehlen. Das Ziel von Pflegewegweiser ist es, Lücken im Versorgungsangebot zu schliessen und den Alltag dieser Menschen spürbar zu erleichtern.»

 

Diese Schicksale zeigen, dass Pflege durch Angehörige vor allem dann gelingen kann, wenn die unterstützende Organisation eine persönliche Bindung aufbaut und flexibel auf die individuellen Bedürfnisse eingeht.


Abwägung: Wer sollte pflegen?

Es gibt Situationen, in denen eine familiäre Pflege aus fachlicher oder finanzieller Sicht nicht ideal ist. Beispielsweise betreut Carela Klientinnen mit chronischen Erkrankungen oder dauerhaften Beeinträchtigungen. Hier werden Angehörige mit langfristigen Pflegesituationen eingestellt und unterstützt. Hingegen lehnt Carela Anfragen ab, wenn der Pflegebedarf sehr absehbar (wenige Wochen) ist oder die betroffene Person weitgehend mobil bleibt.

«Die Voraussetzung für eine Anstellung bei uns ist gegeben, wenn der Bedarf dauerhaft und die Belastung nachhaltig hoch ist.»


AsFam beschäftigt pflegende Angehörige zwischen 20 und 90 Jahren, wägt jedoch sorgfältig ab, ob eine Anstellung sinnvoll ist. In Fällen, in denen der Pflegebedarf den Betreuungsbedarf übersteigt, wie bei schwerwiegenden Beeinträchtigungen, stellt AsFam eher pflegende Eltern ein, deren berufliche Perspektiven durch den Pflegeaufwand stark eingeschränkt sind.

«Die Anstellung ist sinnvoll, wenn der Pflegebedarf die persönliche Situation der Angehörigen langfristig prägt und alternative Lösungen das familiäre Gleichgewicht gefährden könnten.»


Als privater Anbieter konzentriert sich der Pflegewegweiser auf die Unterstützung und Entlastung pflegender Angehöriger in den Bereichen, in denen dies am wirkungsvollsten möglich ist. Spezialisierte Leistungen wie die Unfallpflege nach UVG, psychiatrische Diagnosen oder allgemeine Haushaltsleistungen fallen dabei ausserhalb ihres Fokus, da diese in der Regel durch spezialisierte Anbieter, Zusatzversicherungen oder Selbstzahlung abgedeckt werden. Durch diese klare Rollenverteilung werden die öffentliche Spitex und Entlastungsangebote ergänzt. Damit werden Lücken geschlossen, die speziell bei der familiären Pflege auftreten.

«Viele pflegende Angehörige sind stark überlastet und benötigen dringend Unterstützung, doch die bestehenden Angebote sind entweder kostenintensiv oder schwer zugänglich. Auch der Zugang zu Hilfsmitteln gestaltet sich oft bürokratisch und zeitaufwendig, was den Alltag zusätzlich erschwert.»


Hinter jedem Fall steht ein Mensch, der bereit ist, für seine Liebsten da zu sein. Es liegt in der Verantwortung der beratenden Fachpersonen ein Umfeld zu schaffen, das die Stärken der pflegenden Angehörigen fördert und zugleich entlastet. Durch passgenaue Unterstützung und die richtige Balance zwischen professioneller und familiärer Pflege kann das Schicksal vieler betroffener Familien abgemildert und Lebensqualität erhalten bleiben.

Die Beispiele zeigen: Pflege durch Angehörige kann in vielen Fällen eine wertvolle, sinnvolle Entscheidung sein – wenn die Rahmenbedingungen stimmen und die fachliche Begleitung gewährleistet ist.

Weitere Informationen dazu finden Sie im Fachblog: Die Gesundheitspolitische Bedeutung des Anstellungsmodells.

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